Small-Talk mit dem Wind
auf Cabrera
von Fabian von Poser
auf Cabrera
von Fabian von Poser
18 Inseln, 15 Einwohner und eine Cantina: Das Cabrera-Archipel vor der Küste Mallorcas ist der einzige Nationalpark der Balearen und ein Idyll mitten im Azurblau des Mittelmeers.
Sie sitzt auf einem Barhocker im Comedor. Die Sonne gleißt durch die Tür. Der Ventilator bläst gegen die stehende Hitze an. Es ist die Stunde des Tages, in der man auf Cabrera in Schweiß zerfließt. Der Fernseher flimmert. Fußball. Irgendein Spiel der Primera División. Aus der Küche dringt das Klirren von Geschirr.
Noch sind keine Gäste hier, aber in ein paar Augenblicken werden sie wieder einfallen. Dann bevölkern Dutzende Ausflügler die Cantina, das einzige Lokal der Insel. Die meisten werden ein kühles Bier trinken, eine Kleinigkeit essen, einen Kaffee schlürfen. Dann sind sie wieder verschwunden.
María Vidal muss nicht lange nachdenken. Vor mehr als 52 Jahren kam sie hierher – am 24. Juli 1968, um genau zu sein. Ihre erste Tochter kam mit einem Jahr auf die Insel, die zweite wurde hier geboren.
Immer wieder kehrte sie auf das „Festland“ Mallorcas zurück. Doch die meiste Zeit verbrachte sie auf der kaum 16 Quadratkilometer großen Insel, die nicht viel mehr ist als ein Tupfer im Marineblau des Mittelmeers.
Nur etwa 15 Menschen leben im Cabrera-Archipel, dessen karstige Kuppen sich schroff aus dem Wasser erheben: eine Handvoll Parkwächter der Naturschutzbehörde Ibanat, drei, vier Beamte der Guardia Civil und die Vidals.
Faszinierende Winter
María Vidal hat viel gesehen: zum Beispiel, wie das spanische Militär, dem die 13 Kilometer vor der Südküste Mallorcas gelegenen Inseln seit 1916 offiziell gehören, hier Manöver veranstaltete. Sie hat gesehen, wie Cabrera 1991 zum Nationalpark erklärt wurde. Und sie hat viele Touristen kommen und gehen sehen.
Jetzt, da Vidal in Rente ist, sitzt die alte Dame oft hier, denn es gibt nicht viele Orte auf Cabrera, an denen man in den Sommermonaten verweilen kann, ohne von der Hitze aufgefressen zu werden. Kein lebender Mensch hat auf der Insel so viel Zeit verbracht wie sie.
Doch meist redet ihr Schwiegersohn Llorenç. Mit seiner Frau Cati und ihrer Schwester María betreibt er die Cantina in zweiter Generation.
„Die Sommer sind heiß und gut für das Geschäft“, sagt der Wirt. „Die Winter sind kalt, aber wunderschön.“ Vor einigen Jahren soll es sogar geschneit haben. Aber mehr als ein paar Augenblicke blieb der Schnee nicht liegen.
Exkursion in die Meeresgrotte
Heute ist Cabrera ein Idyll. Im Meer um die Insel finden sich riesige Seegraswiesen, seltene Algen- und Korallenarten, die Gewässer sind die Heimat von Zackenbarschen, Bärenkrebsen und Meeresschildkröten.
Dafür erleben Besucher hier eine weitgehend intakte Natur. Cabrera ist ein Schatz, wie es ihn im Mittelmeer kaum noch gibt.
Begrenzung der Gästezahl
Doch einfach war der Weg dahin nicht. Die Besucherzahlen sind von 30.000 in den 1990er-Jahren auf heute manchmal mehr als das Dreifache im Jahr angestiegen. Als die Balearen-Regierung 2014 kaum zehn Gehminuten von Vidals Cantina zudem eine Herberge für 24 Gäste eröffnete, waren Naturschützer erbost.
Informationen unter www.marcabrera.com & www.excursionsacabrera.es
Über den Autor
Fabian von Poser
Fabian von Poser wurde 1969 in Hamburg geboren. Bereits 1965 kauften seine Eltern eine Finca bei Altea an der Costa Blanca. Seitdem hat er Spanien rauf und runter bereist. Fabian von Poser schreibt seit 25 Jahren für zahlreiche nationale und internationale Zeitschriften und Magazine (www.fabianvonposer.com).
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