Von Randbemerkungen zur Weltsprache
Der Camino de la Lengua Castellana führt zum Ursprung der spanischen Sprache — und in ein wunderbares Stück Spanien abseits der touristischen Trampelpfade.
von Ulrike Wiebrecht
Der Camino de la Lengua Castellana führt zum Ursprung der spanischen Sprache — und in ein wunderbares Stück Spanien abseits der touristischen Trampelpfade.
von Ulrike Wiebrecht
Um das Jahr 977 erfolgte schließlich „el primer vagido de la lengua española“, wie der spanische Dichter Dámaso Alonso es nannte: der erste Schrei der neugeborenen spanischen Sprache. Wie es dazu kam?
Ein oder mehrere Mönche hatten in der Schreibstube des Klosters die Glosas Emilianenses verfasst, Randbemerkungen, die ihren Ordensbrüdern lateinische Texte verständlicher machen sollten.
Verbreitung in Kastilien
Sie schrieben teilweise in einem dem heutigen Hochspanisch verwandten Westaragonesisch, teilweise aber auch in baskischer Sprache, die somit gleichzeitig aus der Taufe gehoben wurde. Es waren also schlichte Notizen, die am Beginn der beiden Idiome standen! Während die eine regional begrenzt blieb, trat die andere ihren Siegeszug um den Erdball an.
Zunächst verbreitete sie sich in Kastilien, weshalb sie auch „kastilische Sprache“ genannt wird. Und es lohnt, ihr dorthin zu folgen. Der Camino de la Lengua Castellana erschließt dem Reisenden ein archaisches Stück Spanien abseits der Küsten und urbanen Zentren, das vielen unbekannt ist.
Umso nachhaltiger brennt es sich ins Gedächtnis ein: einerseits die Einsamkeit der sonnendurchglühten kargen Landschaften, andererseits die geballte Monumentalität von Burgen und Kathedralen. Nicht zufällig gehören gleich vier von sechs Stationen der 590 Kilometer langen Reiseroute zum Welterbe der UNESCO.
Theologen als Hüter der Sprache
Hundert Kilometer weiter erhebt sich das Kloster Santo Domingo de Silos in der Provinz Burgos, die nächste Station der Route. Wieder ein Kloster? Natürlich: Lange, bevor ein Cervantes auf Spanisch schreiben konnte, waren es Mönche und Theologen, die zur Verbreitung der Sprache beitrugen.
Nicht etwa als schöngeistige Beschäftigung: In einer Zeit, als die Mauren noch einen großen Teil der Iberischen Halbinsel besetzt hielten, war der Glaube eine wichtige Waffe der Reconquista.
Heimat von Miguel de Cervantes
Was für ein Kontrast zu Ávila, der nächsten Etappe des Camino! Nach der quirligen Hochburg der Studierenden taucht man in der höchstgelegenen Stadt Spaniens in die mystische Atmosphäre der Heiligen Teresa ein.
Wie ein Bild aus einem Märchen spiegelt sich beim Näherkommen die 2.500 Meter lange Stadtmauer mit ihren Türmen im Wasser des Rio Adaja – Relikt jener Zeit, als Ávila Teil des hart umkämpften Grenzlands zwischen Mauren und Christen war.
Dazwischen locken jede Menge Tapas-Bars, denen auch ein Sancho Panza schwerlich widerstehen könnte. Hier kann man mit einem guten Tropfen auf ihn anstoßen. Nicht nur mit einem Rioja. Unterwegs auf dem Camino de la Lengua Castellana dürfte man sich auch mit den erstklassigen Weinen Kastiliens angefreundet haben!
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Über den Autor
Ulrike Wiebrecht
Nach vielen Jahren in Barcelona arbeitet Ulrike Wiebrecht heute als Journalistin und Buchautorin in Berlin. Von dort aus ist sie regelmäßig in Spanien unterwegs. Am liebsten am Cabo de Gata und am Cap de Creus.
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